anspruch wie auch die Antwort auf die Frage, ob ein Mieterhöhungsverlangen, das vor dem Stichtag zugegangen ist, aber erst nach dem Stichtag zu einer Mieterhöhung führen würde, noch wirksam ist. Zu diesen beiden Fragen lässt die 67. Kammer in dieser Entscheidung keine Tendenz erkennen. Umgekehrt sind die beiden anderen Beru- fungskammern in ihren Entscheidungen von der Verfassungsgemäßheit des Berli- ner Mietendeckels ausgegangen; anderen- falls hätten sie zu den von der 67. Kammer offengelassenen Fragen der sog. Schatten- miete gar nicht Stellung nehmen können, sondern hätten sie ebenfalls dem Bundes- verfassungsgericht vorlegen müssen. Zur Einfachrechtlichen Wirkung („Schatten- miete“): Die Frage der Schattenmiete ent- scheiden beide Kammern jedoch wiederum unterschiedlich: Die 66. Kammer hatte einen Fall zu entscheiden, in dem der Vermieter am Stichtag, 18. Juni 2019, ein Mieterhö- hungsverlangen gestellt hatte, dem an sich nach dem Berliner Mietspiegel stattzuge- ben war: Das Amtsgericht hatte die Klage abgewiesen, weil es das Gesetz zum Ber- liner Mietendeckel als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB anerkannt hat, welches über dieses Scharnier auch zivilrechtliche Wirkungen entfaltet. Jede Vereinbarung einer höheren als der Stichtagsmiete ist daher nichtig. Die Berufungskammer des Landgerichts bestätigt dies jedoch nur für die Zeit ab Inkrafttreten des Gesetzes, dem 23. Februar 2020, und damit für alle Mie- ten ab dem 1. März 2020. Die vom Berliner Senat gewünschte Stichtagsregelung bestä- tigt die Kammer gerade nicht. Vor seinem Inkrafttreten am 23. Februar 2020 könne das Gesetz keine rechtliche Wirkung entfal- ten und damit auch nicht die Zustimmung zu einer Mieterhöhung hindern. Bis zu die- sem Zeitpunkt ist die Miete also erhöht, und die gemäß Mietspiegel erhöhte Miete muss von den Mietern auch bezahlt werden. Ab dem 1. März 2020 muss die Miete nach Ansicht der Kammer jedoch wieder auf die MIETRECHT Stichtagsmiete abgesenkt werden. Mit dem Inkrafttreten des – nach Ansicht dieser Kam- mer verfassungsmäßigen – Gesetzes tritt die Nichtigkeitsfolge ein, geregelt in § 134 BGB. In der Vorgabe des Gesetzes, wonach eine höhere Miete weder gefordert noch entgegengenommen werden darf, liegt ein Verbotsgesetz, das zur Nichtigkeit dieser Mieterhöhung führt. Differenzierter sieht dies die 65. Kammer des LG Berlin in einer ähnlichen Entscheidung, in der allerdings das Mieterhöhungsverlan- gen erst im Juli 2019, und damit deutlich nach dem Stichtag 18. Juni 2019 ausgespro- chen wurde. Diese Kammer geht von einem „engen“ Verbotstatbestand aus, der ent- sprechend dem Wortlaut des Gesetzes nur das Fordern oder Annehmen einer höheren als der Stichtagsmiete verbietet, nicht aber deren Vereinbarung, auch nicht in einem gerichtlich durchzusetzenden Zustimmungs- verlangen. Die Kammer begründet dies zum einen mit dem Wortlaut und verschiede- nen Äußerungen im Gesetzgebungsver- fahren, zum anderen aber auch damit, dass das Gesetz nur bei dieser Auslegung ver- fassungskonform wäre. Da das Land seine Gesetzgebungskompetenz auf eine öffent- lich-rechtliche Mietpreisregulierung stützt, kann diese keine Auswirkung auf die zivil- rechtlichen Beziehungen zwischen Vermie- ter und Mieter haben. Diese Kammer geht davon aus, dass die Ausgewogenheit des sozialen Wohnraummietrechts des BGB, wie sie bundesgesetzlich (und nach einigen Eingriffen des Bundesverfassungsgerichts) festgelegt ist, nicht vom Landesgesetzgeber gestört werden darf. Das Berliner Mietende- ckel-Gesetz muss daher so ausgelegt wer- den, dass sich daraus ein möglichst geringer Einfluss auf die privatrechtlichen Beziehun- gen zwischen den Parteien ergibt. Mit dieser Auslegung ist die Schattenmiete also erlaubt. VERWALTER STRATEGIE Leider hängt die Verwalterstrategie ganz davon ab, zu welcher der drei Berliner Berufungskammern die in I. Instanz entscheidende Kammer des Amtsgerichts jeweils gehört. Soweit die 67. Kammer zuständig ist, die von der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes ausgeht, müsste jedes anhängige Verfahren zum Ruhen gebracht werden, bis die Verfassungsgerichtsent- scheidung rechtskräftig ist. Jedes Verfahren auf Zustimmung zu einer Miet- erhöhung könnte hier angestrengt bzw. weitergeführt werden, natürlich mit dem entsprechenden Kostenrisiko, falls das Gesetz doch verfassungs- gemäß sein sollte. Jegliche Klage auf Zustimmung ist auch nach Auffassung der 65. Kammer möglich, obwohl oder gerade weil das Mietendeckel- Gesetz verfassungsgemäß dahingehend ausgelegt werden muss, dass es lediglich ein öffentlich-rechtliches Verbot, nicht aber die Rechtsbeziehun- gen zwischen den Parteien regelt. Sollte sich die 67. Kammer auch die- ser Auffassung anschließen, wie die ausdrückliche Erwähnung in ihrem Beschluss annehmen lässt, hätte der Vermieter auch insoweit kein Kostenri- siko zu tragen, wenn die Mieterhöhung im Übrigen dem Berliner Mietspie- gel entspricht. Lediglich nach der Auffassung der 66. Kammer ist jede Klage auf Zustimmung zu einer Schattenmiete und jede entsprechende Erklä- rung, insbesondere auch Indexerhöhungen, zum Scheitern verurteilt. Eine Schattenmiete könnte es nach dieser Auffassung nicht geben. Mieterhö- hungen für den Zeitraum vor dem 23. Februar 2020 sind allerdings mög- lich, die vom Berliner Senat gewünschte Stichtagsregelung ab dem 18. Juni 2019 greift nicht. 08 | 20 vdivaktuell 43